Komplementärfarbene Bekleidung sorgt für gute Erkennbarkeit im dunklen Wald. (Hermann Meyer, Molveno, Italien, 2018.)
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Was ist wichtig in der Outdoor Action und Adventure Sport Fotografie? – Teil I
Immer wieder einmal werde ich gefragt, was denn eigentlich wichtig sei, wenn man diese Art Fotografie betreiben will oder worauf man achten sollte, deshalb versuche ich, solche Fragen in diesem und dem nächsten Blogpost zu beantworten (alles natürlich basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen und meiner Meinung).
Wer nun auf der Suche nach Kameraeinstellungen oder Tipps für die Bildbearbeitung ist, der ist hier leider falsch. Ich werde vielmehr mein Wissen zum ganzen Rundherum teilen. Die Szenarien, in welchen man diese Tipps brauchen kann, sind verschiede, von Magazinshootings über Werbeaufnahmen bis zu Expeditionsfotografie ist alles denkbar, wobei natürlich nicht jeder Punkt gleichermassen auf jedes Szenario zutrifft...
Die Themen habe ich in folgende Bereiche gegliedert:
- Teil I
- Wissen/Kenntnisse des Fotografen
- Beteiligte Personen
- Location. Location, Location
- Teil II
- Licht
- Storytelling
- Ausrüstung
- Sicherheit
Wichtige Punkte, die man im Winter beachten sollte, finden sich in diesem Blogpost: In der Kälte fotografieren
Wissen und Kenntnisse des Fotografen
Ein Punkt, der meiner Meinung nach oft etwas zu kurz kommt ist, dass sich der Fotograf (selbstverständlich sind Fotografinnen im gesamten Text mitgemeint) in der gewählten Sportart auskennen sollte. Das heisst vielleicht nicht unbedingt, dass man diese selber auf einem hohen Niveau betreiben kann, man sollte aber wissen, wie die Bewegungen aussehen sollten, damit sie von Insidern als 'cool' oder 'authentisch' wahrgenommen werden. Zu oft sehe ich Bildern, auf welchen Models versuchen, eine Sportart auszuüben, die sie offensichtlich nicht genug gut können oder Fälle, wo Positionen gezeigt werden, bei welchen man als Kenner dieser Sportart sofort merkt, dass sie total gestellt sind und so in Realität auch gar nicht funktionieren, im schlimmsten Fall sogar einfach 'falsch' sind. Für einen Fotografen ist es auch wichtig, antizipieren zu können, wann etwas Interessantes passieren wird, das geht nur, wenn man die Aktivität versteht. Fast jede Sportart kennt zudem den richtigen Moment für Fotos, dann wenn eine Bewegung durch das bewegungslose Medium Fotografie eingefangen, am besten aussieht (denn das Foto ist ja immer nur eine Momentaufnahme). So will man einen Läufer möglichst in der Luft zeigen und vermeidet bei Tieren (z. B. im Pferdesport) überstreckte Vorderbeine. Bringt man dieses Wissen nicht schon mit, muss halt recherchiert werden, d. h. man muss sich Bilder dieser Sportart anschauen, mit Sportlern über Bilder diskutieren etc. Dies ist natürlich umso wichtiger, je technischer eine Sportart ist, sprich, beim Wandern nicht so entscheidend, beim Skifahren oder Mountainbiken hingegen sehr. Als Sport- und Schneesportlehrerin ist es mir schon passiert, dass ich Personen während eines Shootings bezüglich Bewegungsausführung gecoacht habe. Eine Win-Win-Situation: der Sportler versteht eine Bewegung danach besser und kann sie besser ausführen und wir erhalten bessere Bilder! Im Gegensatz zu Videoaufnahmen ist es bei der Fotografie auch so, dass nicht unbedingt der schwierigste Trick am besten aussieht, sondern man wird bei Fotos eher darauf achten, dass man die Position des Sportlers gut erkennen kann, diese ästhetisch schön aussieht...
Da die schönsten Plätze oft nicht gerade vor der Haustür oder neben dem Parkplatz liegen, ist es vielfach doch wichtig, dass ich mich als Fotografin in der gewünschten Sportart fortbewegen kann, also zu Fuss, per (E-) Bike, auf Ski usw. Da ich dabei weder mich noch für jemand anderen eine Gefahr darstellen will, halte ich es für wichtig, mich einerseits richtig einzuschätzen und andererseits selber über ein solides Niveau an Können und Wissen in diesen Fortbewegungsarten zu verfügen. Das heisst, ich halte mich konditionell und technisch fit in meinen Sportarten und besuche regelmässig Weiterbildungen in Erster Hilfe, Lawinenkunde etc.
Selbstverständlich sollte der Fotograf sicher mit seiner Ausrüstung umgehen können. Und dies nicht nur in der warmen Wohnung, sondern auch draussen, bei Kälte, im Dunkeln und wo vielleicht auch mal etwas improvisiert werden muss. Im zweiten Teil dieses Artikels werde ich noch auf den 'Überlebensmodus' eingehen. Dazu hier nur soviel: wahrscheinlich ist das ein bisschen Übungssache, ob man dann noch Bilder machen kann oder nicht (ich spreche nicht von Situationen, in welchen das eigene Überleben wirklich gefährdet ist). Nachdem man ein paarmal Situationen erlebt hat, in welchen einem viel zu kalt war, man sehr hungrig/durstig war, lernt man, dass diese auch wieder vorübergehen und man sich dann unter Umständen ärgern würde, hätte man davon keine Bilder...
Dieses Foto wurde am Freeski World Cup Corvatsch 2018 aufgenommen. Es war unglaublich schlechte Sicht, weshalb die Fahrer nur noch Tricks zeigen konnten, die sie sehr sicher beherrschen. Die gekreuzten Ski sind aber ein Styleelement, das auf einem Foto meiner Meinung nach einfach immer gut aussieht... Was muss zudem auf ein Freestylefoto drauf: der Grab (festhalten des Sportgeräts) muss passen und der Sprung sollte sichtbar sein, damit der Betrachter eine Vorstellung der Relationen hat. (Birk Ruud, Norwegen.)
Ein Foto, welches das Vorderbein den Pferdes überstreckt zeigt, es würde bei Pferdekennern also durchfallen... (Cowgirl, Jackson Hole, Wyoming, USA, 2019.)
Für dieses Bild musste ich mein Bike und meinen Rucksack innerhalb von zwei Tagen 1800 Höhenmeter hinauftragen (dazwischen konnte man noch an ein paar Stellen etwas hinauf- oder hinunterfahren). Ohne gute Fitness unmöglich... (Michael Hacker, Lais da Rims, Unterengadin, Schweiz, 2018.)
Auch meistens wichtig, man sollte das Gesicht der Sportlerin/des Sportlers sehen. (Lena Palms, Jackson Hole, Wyoming, USA, 2019.)
Beteiligte Personen
Zuerst einmal ist es wohl wichtig, dass man sich vergegenwärtigt, dass man ohne Sportler/Models nur Landschaften fotografieren würde...
Im Idealfall weiss ich bereits bevor ich mit einer Produktion beginne, welches Niveau die Athleten haben, mit welchen ich unterwegs sein werde. Und nein, ein erfolgreicher Wettkampfsportler zu sein, heisst nicht unbedingt, dass jemand ein toller Demonstrator in seiner Sportart ist... Gerade in Freestylesportarten ist es auch wichtig, den 'Signature-Move oder Trick' eines Sportlers zu kennen. Falls irgendwie möglich, ist es wahrscheinlich für die Bilder immer besser, mit auf Fotoaufnahmen spezialisierten Sportlern loszuziehen, da dies die Qualität der Bilder überproportional steigern kann. Dies macht auch die Arbeit des Fotografen etwas einfacher, denn es ist leider so, dass es sehr, sehr schwierig, teilweise sogar unmöglich ist, jemanden auf Fotos gut aussehen zu lassen, wenn die Bewegung nicht passt. Wenn es eher um Werbung geht, ist ein weiterer Vorteil von Personen, die Erfahrung mit Shootings haben ist, dass sie sehr genau wissen, worauf es ankommt und sich immer wieder selber versichern, ob z. B. alle Reissverschlüsse geschlossen sind, Kragen gut sitzen etc. Super natürlich, wenn man eine Person mitnehmen kann, die sich nur um solche Details kümmert!
Sehr willkommen ist es für mich immer, wenn die Athleten eigene Ideen haben, wie sie sich ein Bild vorstellen. Denn, wie sagt man so schön? Vier Augen sehen mehr als zwei... Und niemand weiss so genau um die Fertigkeiten eines Athleten, wie die Person selber...
Wie immer im Zusammenleben, ist auch beim Fotografieren die Kommunikation sehr wichtig. Erklären, weshalb man die Bilder bei Sonnenaufgang/-untergang machen möchte, weshalb die Sportler mehrere Outfits dabei haben sollen (und möglichst keine schwarzen Oberteile! – die sehen fast nie gut aus auf Fotos), weshalb sie eine Strecke zum 21. Mal laufen/fahren sollen (weil man schon wieder den richtigen Moment verpasst hat, sie es aber ausgezeichnet gemacht haben). Leider ist dies gerade bei der Outdoor Fotografie teilweise etwas schwierig, wie ich jedes Mal wieder feststellen muss, wenn ich neben einem tosenden Wildbach stehe oder sehr viel Abstand zum Sportler besteht... (Da könnten Walkie-Talkies helfen...)
Bei mehrtägigen Unternehmungen, die eher 'Expeditionen' gleichen als einfachen Fototrips ist es natürlich auch unumgänglich, als Gruppe festzulegen, wie viel Zeit und Kraft man überhaupt für die Dokumentation hat.
Auf einer Mountainbike Tour kamen wir an dieser Staumauer vorbei und der Athlet hatte glücklicherweise die Idee, sich davor mit einem seiner Signature-Moves zu inszenieren... (Torsten Wessel, Tessin, Schweiz, 2019.)
Mit diesem grossen Abstand zwischen dem Fahrer und mir war die Kommunikation sehr schwierig... (Sam Benner, Lago Bianco, Graubünden, Schweiz, 2018.)
Vor diesem Shooting hatte ich der Läuferin gesagt, sie solle bitte verschieden farbige Oberteile mitnehmen und auf jeden Fall etwas Weisses... (Kirsten Edelkraut, Pontresina, Schweiz, 2018.)
Location, Location, Location
Ich weiss gar nicht mehr, wann oder wo ich dieses dreimalige 'Location' zum ersten Mal gehört habe, es ist aber sicherlich schon fast zum geflügelten Wort in der Fotografie geworden...
Wie bereits oben angesprochen, befinden sich die besten Fotoplätze oft nicht gleich neben dem Parkplatz. Und neben den tollen, authentischen und actionreichen Positionen, die die Athleten zeigen sollten, macht die Umgebung, in der fotografiert wird, natürlich einen sehr grossen Teil am gelungenen Bild aus. In den meisten Fällen wird man für die Outdoorsport Fotografie spektakuläre, unberührte Landschaften aufsuchen. Gerade im Winter kann das sehr grosse Flexibilität von allen Beteiligten erfordern, da man natürlich lieber nach einem Schneefall Fotos machen möchte und nicht, wenn der Schnee schon verspurt oder halb weggeschmolzen ist.
Damit diese Landschaften auch in diesem unberührten Zustand bleiben, ist mir umweltfreundliches Verhalten sehr wichtig. Dazu gehört nicht nur das bekannte Credo 'leave no trace', sondern auch dass ich meinen Alltag so umweltfreundlich wie möglich gestalte und mir oft überlege, wie sinnvoll es überhaupt ist, weit entfernte Landschaften bekannter zu machen und so neue (Reise-) Bedürfnisse zu schaffen.
Wenn immer möglich, ist ein vorheriges Locationscouting sehr hilfreich. Ist dies nicht möglich, versuche ich oft anhand von Google Earth und Apps wie z. B. PhotoPills (Sonnenstand etc. zu verschiedenen Tageszeiten etc.) zu näheren Informationen zu kommen.
Das wärs für den Moment! Ich hoffe, die Tipps sind hilfreich und machen neugierig auf die weiteren Erläuterungen zu den Themen Licht, Storytelling, Ausrüstung und Sicherheit im zweiten Teil...
Ausnahmsweise eine Location, wo der Parkplatz direkt daneben liegt. Da es sich aber um den wohl meist 'ge-instagramten' Ort der Schweiz handelt, mussten wir im Morgengrauen hin, um alleine zu sein und in Ruhe fotografieren zu können. (Torsten Wessel, Lavertezzo, Tessin, Schweiz, 2019.)
An Tagen mit Neuschnee im Skigebiet muss man sehr schnell sein (oder mit sehr viel Risiko unterwegs, was ich aber niemandem empfehlen würde), um ein solches Foto zu machen, wenig später war bereits alles verspurt... (Alessandra Stecher, Corvatsch, Engadin, Schweiz, 2019.)