Bekleidung, Ausrüstung, Ernährung, Know-how fürs Fotografieren im Winter.
An einem sehr kalten Februartag im 2018...
Ist man genug hoch oben, ist es auch im Sommer kalt...
In der Kälte oder allgemein bei unwirtlichen Verhältnissen fotografieren
Passend zum momentanen Wetter, und weil ich damit einige Erfahrung habe, erkläre ich heute, was ich tue und worauf ich achte, um in der Kälte fotografieren zu können. Das Thema lässt sich in mehrere Bereiche gliedern: Bekleidung, Ausrüstung, Ernährung und Know-how.
Meine Überlegungen und Tipps hören sich vielleicht etwas extrem an, ich bitte aber folgendes zu bedenken: wenn ich im Winter rausgehe, bin ich oft stundenlang alleine bei bis zu –20° C (tw. mit Windchill) fernab der Zivilisation unterwegs. Würde mir irgendetwas zustossen, würde das Rettungsteam vermutlich einige Zeit brauchen, bis es bei mir wäre. Mit meiner Ausrüstung müsste ich also auch die Zeit bis zur Rettung überbrücken können, was unter Umständen bedeuten kann, eine Nacht draussen zu verbringen, deshalb ist Sicherheit das alleroberste Gebot beim Zusammenstellen meiner Ausrüstung!
Grundsätzlich ist es natürlich auch immer besser, mindestens zu zweit unterwegs zu sein, leider ist das aber nicht immer machbar... Ist man alleine unterwegs, sollte man immer jemanden informieren, wo man genau hingeht und um welche Uhrzeit man sich spätestens zurückmeldet.
Meine Aufzählung an wichtigen Gegenständen ist ziemlich umfangreich, was nicht bedeutet, dass man alles immer dabei haben muss. Der Text sollte als Sensibilisierung verstanden werden, sich wirklich genau zu überlegen, was man vorhat, was man dafür braucht und was man bräuchte, falls etwas schief gehen sollte.
Unfälle erweisen sich im Nachhinein oft als eine Aneinanderreihung von Fehlentscheiden. Um diese nicht zu treffen, hilft nur eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema durch Bücher, Internetrecherche, Kurse, Austausch mit erfahrenen Personen etc. Ich erachte eine umfassende Ausbildung in Tourenplanung, Lawinenkunde und Outdoor-Erste-Hilfe als absolut zentral, wenn man draussen unterwegs sein will. In einem Erste-Hilfe-Kurs lernt man zwar eher, wie man anderen hilft, trotzdem kann man damit bedrohliche Symptome eher an einem selber erkennen und auch das Wissen zur Versorgung von Verletzungen kann man unter Umständen an sich selber anwenden.
Bekleidung
Ja, klar, man sollte warm angezogen sein, aber was gibt es vielleicht spezielles zu beachten?
Grundsätzlich ist es so (ich komme später noch zu einer Ausnahme), dass Bekleidung den Körper nicht wärmen kann, sondern nur dem Erhalt der Körperwärme dient, sprich isoliert. Das bedeutet, dass es sinnvoll ist, möglichst gleichmässig viele Schichten anzuziehen, also z. B. mehrere Schichten an den Beinen und am Oberkörper, aber auch am Kopf. Diese Schichten sollten unbedingt trocken sein, wenn ich also weiss, dass ich zuerst irgendwohin laufen muss, ziehe ich einige Schichten aus und bewege mich so langsam, dass ich möglichst nicht schwitze!
Von der Art der Bekleidung trage ich zuunterst Skiunterwäsche, darüber Woll- oder Fleecesachen, dann eine dicke Isolationsschicht aus echter/künstlicher Daune und dann, falls nötig, noch einen Windschutz in Form einer Hard Shell Hose/Jacke. Dazu natürlich Halstücher, eine Mütze und eine bis mehrere Kapuzen. Zusätzlich trage ich einen Fleecegürtel um den unteren Rücken. Bei den Hosen achte ich auf seitliche Reisverschlüsse, damit kann ich sie, ohne die Schuhe auszuziehen, an- und ausziehen.
Noch zur Daune: aus Tierschutzgründen würde ich keine Daune mehr kaufen bzw. wenn dann nur z. B. Recyclingdaune. Im Moment habe ich aber noch einige Daunenjacken, die ich auch noch sehr lange tragen kann, weswegen ich mich zur Zeit nicht mit dieser Frage beschäftigen muss. Es ist aber sicherlich so, dass die Isolationsleistung von Daune momentan noch kaum übertroffen werden kann. Mit künstlicher Daune sind Produkte wie Primaloft gemeint.
An den Füssen kann man natürlich nicht beliebig viele Schichten tragen, deshalb bewähren sich sehr warme Winterschuhe und dicke Socken. Bei den Schuhen achte ich darauf, das sie bequem und sehr hoch sind und eine möglichst dicke, rutschfeste Sohle haben. Falls möglich, lege ich ein zweites Paar Innensohlen rein. Meistens muss man etwas Kompromisse eingehen zwischen Wärmeleistung und gut wandern können mit einem Schuh. Kürzlich habe ich mir ein paar Heizsocken gekauft (das ist nun die Ausnahme und es gibt z. B. auch Handschuhe oder Nierenwärmer, die beheizbar sind), diese sind zwar sehr teuer, aber auch wirklich toll! Am meisten schätze ich daran, dass ich die Heizleistung per App über mein Smartphone steuern kann, d. h. solange ich laufe, kann ich sie noch ausgeschaltet lassen und erst, wenn ich länger stehen muss, schalte ich sie ein.
Beinahe am wichtigsten für einen Fotografen sind die Hände und die sind auch am schwierigsten unterzukriegen... Die ganz perfekte Lösung habe ich da leider noch nicht gefunden. Im Moment trage ich zum Fotografieren in der Kälte am liebsten gestrickte Wollfäustlinge, die inwendig auch eine Art Wollfleece haben. Leider sind sie nicht vollkommen winddicht, doch bieten sie mir die beste Kombination aus Tastgefühl und Wärme. Es ist möglich, unter diesen Fäustlingen noch Unterziehhandschuhe anzuziehen, was ich mache, wenn ich weiss, dass ich mehr Tastgefühl brauche und die dicken Handschuhe ab und zu ausziehen muss. Was auch sehr gut funktioniert ist, einen Handwärmer mit in den Handschuh zu geben. Fäustlinge habe auch den Vorteil, dass ich den Fernauslöser für meine Kamera auch einfach da rein stecken kann, er also immer griffbereit ist. Was für mich nicht gut funktioniert, sind Fleecehandschuhe (fühlen sich immer feucht an) oder Fäustlinge, bei welchen jeder Finger in einem einzelnen "Kämmerchen" steckt. Über meine Wollfäustlinge könnte ich auch noch Überziehhandschuhe aus wetterfesten Gore-Tex-Material anziehen, damit finde ich dann aber keinen Knopf mehr.
Kleiner medizinischer Exkurs: Kalte Hände oder Füsse sind oft ein Zeichen davon, dass der Körper das warme Blut bereits in seinem Zentrum hält und die Extremitäten nicht mehr richtig durchblutet...! Das zusammen mit Kältezittern und Herzrasen entspricht dem Hypothermiegrad I, der Grad II ist gekennzeichnet nur ein Aufhören des Zitterns, Verlangsamung des Herzschlags und Bewusstseinstrübung, der Grad III durch Herzrhythmusstörungen und Bewusstlosigkeit bis zum Kreislaufstillstand. Ab Hypothermiegrad II darf eine Person nicht mehr bewegt werden, da sonst der sogenannte "Bergungstod" droht. Mehr über Hypothermie zu lesen oder zu hören gibt es hier: Outside Online (auf Englisch).
Eine Sonnen- oder Skibrille schützt die Augen vor der Sonne, Schneeblindheit, Wind und den Schneekristallen bei Schneefall.
Ausrüstung
Gerade wenn ich weiss, dass ich zuerst irgendwohin laufen muss, brauche ich einen sehr geräumigen Rucksack, um all die Sachen, die ich dann später anziehen will, darin zu verstauen. Sicher kein Fehler ist es, gewisse Dinge zusätzlich mitzunehmen, beispielsweise ein Shirt, falls man doch schwitzen würde, oder auch Handschuhe, falls sie verloren gehen oder nass werden würden. Zusätzliche Handwärmer dabei zu haben, ist auf keinen Fall eine schlechte Idee.
Fast immer dabei habe ich eine Camping-Iso-Matte. Darauf stehe/sitze/liege ich, um meinen Körper besser von der Bodenkälte zu isolieren. Wenn man genügend Platz hat, kann man sich auch überlegen, ein kleines Zelt und/oder einen Schlafsack mitzunehmen, um sich zusätzlich zu schützen. (Ein Zelt habe ich öfters im Sommer bei Regen dabei, wenn ich bei einem Sportevent lange Zeit an der selben Stelle fotografieren muss.)
Auch zu beachten gilt es natürlich, dass Akkus in der Kälte viel schneller leer sind. Das bedeutet, ich packe alle Akkus von Anfang an entweder möglichst nahe an meinen Körper oder ich stecke sie zusammen mit einem Wärmebeutel in einen Isolierbehälter.
Unbedingt gehören auch ein voll aufgelandenes Handy, eine Notapotheke inkl. Notfallschiene, ein Taschenmesser, eine Stirnlampe und ein Biwaksack zur Ausrüstung. Je nach Vorhaben nehme ich auch Schneeschuhe, Skistöcke, Helm, Steigeisen oder ähnliches mit. Mit Kabelbindern und starkem Klebeband kann man nicht alles, aber vieles reparieren. Mit einer Schaufel könnte man sich im Notfall eine Schneehöhle graben...
Alles, was man anfasst, leitet natürlich die Wärme sehr leicht vom Körper weg. Deshalb darauf achten, dass Skistöcke oder auch Stativbeine, dort wo man sie anfassen will, z. B. mit Moosgummi isoliert sind. Falls das nicht der Fall ist, selber etwas basteln!
Wenn man ein Gebiet nicht wie seine Westentasche kennt, sollte man eine Karte mitnehmen. Diese nützt einem bei Nebel aber wenig, dann wären ein Kompass oder ein GPS-Gerät (und ein sicherer Umgang damit) wichtig.
Ernährung
Da gehört die altbekannte Isolierflasche mit Tee dazu, gerne gebe ich auch ein paar Ingwerstücke hinein, da diese durch die Schärfe noch zusätzlich aufheizen. Für mich ist es aber oft auch wichtig, etwas Warmes essen zu können. Da würden sich einerseits Suppen eignen, die man in einem Isolierbehälter mitnimmt. Da das aber auch sehr viel Gewicht bedeutet, neige ich eher dazu, einen kleinen Kocher (Streichhölzer wasserfest verpacken!) und ein gefriergetrocknetes Menü mitzunehmen, das ich mit heissem Wasser (geschmolzener Schnee) zubereiten kann. Genügend zu essen und zu trinken ist auf jeden Fall essentiell (auch bereits am Vortag)! Oft wird auch empfohlen, besonders fettreich zu essen, da passen zum Beispiel Nüsse. Und etwas Schokolade darf bei mir auch nicht fehlen. Dinge mit hohem Wassergehalt eignen sich nicht, da sie steinhart werden. Für den oben genannten Notfall wäre es natürlich wichtig, etwas mehr zu Essen dabei zu haben als unbedingt nötig.
Know-how
In nördlichen Ländern wird einem empfohlen, das Gesicht am Morgen nicht zu waschen, weil dabei die natürlich Fettschicht der Haut, die unter anderm vor Kälte schützt, zerstört wird. Bei Sonnencrème achte ich darauf, dass sie kein Wasser enthält.
Das Kameraequipment leidet gewöhnlich nicht unter der Kälte. Was man aber beachten muss, ist dass sich bei der Rückkehr in die geheizte Wohnung Kondenswasser bildet. Um dies möglichst zu vermeiden, lässt man das Equipment am besten in der verschlossenen Kameratasche und gibt idealerweise noch einige Säckchen mit Silicagel dazu, welche die Feuchtigkeit aufnehmen. Wenn möglich sollte man draussen natürlich wetterfeste Kamerabodies und Objektive verwenden.
Bei Langzeitaufnahmen oder Timelapseaufnahmen kann es passieren, dass sich auf der Frontlinse eine Eisschicht bildet (ähnlich einer gefrorenen Frontscheibe beim Auto), dagegen gibt es batteriebetriebene Objektivwärmemanschetten. Alternativ könnte man vermutlich auch Handwärmer nehmen.
In der Folge nun noch ein paar Bilder, die bei kalten Bedingung entstanden sind...