Event Fotografie Workflow
Vor einigen Jahren, als ich begann, Events zu fotografieren, habe ich diese Aufstellung für mich selber geschrieben, um alle Schritte besser im Blick zu haben. Natürlich gibt es im Moment wegen COVID-19 kaum Events zu fotografieren, doch das kann ja auch eine gute Gelegenheit sein, um über die eigene Arbeitsweise nachzudenken. Deshalb werde ich in diesem Blogpost über das Bevor, Während und Nach eines Events schreiben und welche Schritte jeweils dazugehören. Als Outdoorsport, Reise und Event Fotografin verstehe ich unter "Event" Sportanlässe wie z. B. Mountainbikerennen, Laufveranstaltungen oder Freeride Wettkämpfe. Diese können an einem oder an mehreren Tagen nacheinander stattfinden. Selbstverständlich kann Event Fotografie auch anders betrieben werden, hier schreibe ich über mein "Rezept", das sich für mich und die Art Events, die ich fotografiere, bewährt hat.
Mein Event Fotografie Workflow als Übersicht... (Alle Bilder können am Ende des Artikels angeklickt und somit vergrössert werden.)
Langzeitvorbereitung
Diesen Schritt könnte man auch als "Vorproduktion I" bezeichnen und dies sind die vier Bereiche, die es meiner Meinung nach zu beachten gilt.
- der Event an und für sich
- der Ort/Region und die Strecke
- mögliche Fotopoints und Konsequenzen für die Ausrüstung
- die damit verbundene Büroarbeit
Als erstes zu bedenken sind natürlich die Vorgaben und Erwartungen des Kunden. Was braucht er? Welche Geschichte sollte erzählt werden? Welche Firmen (Eventveranstalter und Sponsoren) sollten repräsentiert werden? Welche Bilder sind ein absolutes Must? Wenn auch noch ein bisschen früh, kann ein Moodboard geeignet sein, um einige dieser Fragen zu beantworten.
Dann werfe ich im Falle einer Lauf- oder Bikeveranstaltung einen ersten Blick auf die Strecke. Zu diesem Zeitpunkt (es ist ja noch nicht einmal ein Vertrag da), kann das natürlich sehr grob geschehen, trotzdem ist dies ein wichtiger Schritt, da er die Kalkulation beeinflussen wird. Denn, jetzt schon muss ich wissen, ob ich alles nötige Equipment habe oder was die Mietgebühr wäre und ob ich jeden Punkt auf der Strecke erreichen kann, wo ich fotografieren möchte.
Basierend auf diesen Überlegungen kann ich alles kalkulieren, ein Angebot schreiben und (hoffentlich!) einen Vertrag unterschreiben.
Habe ich zu diesem Zeitpunkt erst eine wage Vorstellung, wo ich welche Fotos machen möchte, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, GPS Tracks, Karten oder Google Earth zu studieren und alle wichtigen Informationen zum Event zu beschaffen. Nebst den geschätzten Durchgangszeiten der Athleten, interessiert mich auch, wer überhaupt teilnehmen wird und wer die Favoriten sind. Natürlich kann dies eine ziemlich zeitfressende Angelegenheit sein...
Jetzt wäre auch der Zeitpunkt, spezielle Trainingsprogramme zu beginnen. Ich denke dabei z. B. an ein auf den Event zugeschnittenes Fitnessprogramm oder seine eigenen Fertigkeiten in einer Sportart zu verbessern, wenn man beispielsweise mountainbiken muss, um den Event zu fotografieren.
Kurzzeitvorbereitung
Diesen Moment könnte man auch als "Vorproduktion II" bezeichnen und er startet ca. ein bis zwei Wochen vor dem Anlass. Es ist der Moment, wenn ich fast ununterbrochen bis zu fünf verschiedene Wetterapps checke. (Ich wünsche mir immer schönes Wetter, mag jedoch oft die intensive Stimmung von Schlechtwetterbildern mehr...)
- Wetter
- Ausrüstung
- Bekleidung, Sonnenschutz, Essen/Getränke, 1. Hilfe Set, Bikereparaturset (falls mit dem Bike unterwegs)
- Transportmöglichkeiten
- Kundenwünsche
- Welche Bilder sind ein Muss
- Fotopoints
- Fotos von vergangenen Ausgaben
- genug schlafen/gesund bleiben
Jetzt ist sicherlich der Moment, seine Ausrüstung zu kontrollieren, ob alles funktioniert, alle Batterien geladen sind, genügend Speicherkarten vorhanden sind und sich zu überlegen, wie man seine Ausrüstung bei schlechtem Wetter schützen möchte. Oft arbeite ich einen sehr detaillierten Plan aus, welche Bilder ich gerne machen würde und welche Ausrüstung ich dafür brauche. Dies ist speziell wichtig, wenn man nicht den ganzen Tag mit allem unterwegs sein möchte, sondern irgendwo ein Depot hat, um dazwischen so leicht wie möglich unterwegs zu sein. Zusätzlich ist es natürlich wichtig, sich zu überlegen, welche Bekleidung man brauchen wird oder ob Sonnenschutz nötig ist (es ist mir einmal passiert, dass ich keine Kopfbedeckung mitgenommen habe und nach dem Event einen Sonnenstich hatte.) Dann packe ich immer genügend zu essen und zu trinken und ein 1. Hilfe Set ein (das Set habe ich noch nie gebraucht, meine 1. Hilfe Kenntnisse aber schon mehrmals). Abhängig vom Event, mache ich mir einen Plan, wann ich mit dem Auto, wann mit einem E-Bike, Seilbahnen oder zu Fuss unterwegs sein werde. Kleingeld für den Parkplatz nicht vergessen!
Die Kurzzeitvorbereitung beinhaltet auch die Wünsche des Kunden und vor allem die Klärung der letzten Fragen oder Änderungen. Spätenstens jetzt sollte man sehr genau wissen, was von einem erwartet wird und wie man diese Bilder produzieren will.
Abhängig von verschiedenen Faktoren werde ich zu diesem Zeitpunkt auch entschieden haben, ob ich mit einer oder mit zwei Kameras arbeite (eigentlich schon nur aus Redundanzgründen sind es immer zwei).
Wenn immer möglich mache ich ein Locationscouting, auch wenn ich ein Gebiet bereits kenne. In einigen Fällen weiss ich dann ungefähr, wo ich ein Foto aufnehmen werde, in anderen Fällen habe ich eine sehr genaue Idee, welche Steine oder Blumen darin zu sehen sein werden. Bin ich nicht zur Wettkampfzeit vor Ort, überprüfe ich meine Ideen mit Apps, wie z. B. PhotoPills, um zu wissen, wann die Sonne wo stehen wird. Immer halte ich Ausschau nach kleinen Bächen oder Pfützen, weil diese, kombiniert mit einem Biker oder Läufer, natürlich ein interessantes Bild versprechen.
Diese Kurzzeitvorbereitung ist auch passend, um Bilder von früheren Ausgaben anzusehen und zu schauen, was bezüglich Fotos noch verbessert werden könnte.
Und, so kurz vor dem Event, ist es immer wichtig, genügend zu schlafen und gesund zu bleiben...
Hier ein Screenshot der App PhotoPills, die einem (nebst unglaublich vielen anderen Dingen) zeigen kann, wann die Sonne ungefähr wo steht (violett-rot-gelbe Linie).
Bei solchem Wetter ist es praktisch, aus einem Zelt zu fotografieren... (Swiss Irontrail, 2016)
Wie hier... (Swiss Irontrail, Davos, 2015)
Hat man etwas Klebeband oder Schnur eingepackt, kann man immer improvisieren... (Swiss Irontrail, 2015)
Essen muss sein... (Swiss Alpine Marathon, Davos, 2017)
Viel Gepäck! (Swiss Alpine Marathon, Davos, 2017)
Event – auf geht's!
Und zwar über einen oder mehrere Tage...
- Musts fotografieren, dann kreativ werden
- sich an seinen Plan erinnern und an den Zeitplan halten
- sein Equipment organisieren
- atmen
- essen/trinken
- sich umsehen
- freundlich sein
- die besten Bilder bereits auf der Kamera markieren
Wenn man einen Event fotografiert und nicht an Ort und Stelle bleibt, ist Zeit ein rares Gut. Deshalb versuche ich immer, zuerst die Bilder "abzuarbeiten", die ich unbedingt brauche und danach erst, etwas mutiger und kreativer zu werden. Wie oben beschrieben, kann ja die Kreativität durchaus etwas vorbereitet werden. Meistens schaue ich während des Events gar nicht oft auf meinen Plan, denn da ich alles so genau vorbereitet habe, weiss ich das meiste auswendig. Natürlich ist aber das Einhalten des Zeitplans, besonders wenn man z. B. abhängig von Bergbahnen ist, die nicht so oft fahren, sehr wichtig!
Mit der Organisation des Equipments meine ich, dass man einerseits immer weiss, was man gerade braucht, aber auch, dass man alles sauber und funktionsfähig hält.
Events zu fotografieren kann ziemlich stressig sein, umso wichtiger, sich selber immer wieder ans Durchatmen, Essen und Trinken zu erinnern. Eventtage sind oft lang und man will ja möglichst leistungsfähig bleiben. Eine ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um einem Tunnelblick entgegenzuwirken, kreativ zu bleiben und sich nicht zu verletzen während man unterwegs ist. Ich denke auch, dass es wichtig ist, obwohl man vielleicht sehr konzentiert und angespannt ist, freundlich zu den Sportlern und den Helfern zu sein, weil dies zu einem besseren Erlebnis für alle führt.
Wenn man sich während des Events die Bilder bereits auf der Kamera anschaut, was wahrscheinlich die meisten machen, kann man sie bereits auch markieren. Programme, wie z. B. Photo Mechanic erlauben es, Markierungen zu übernehmen, was natürlich den Auswahlprozess z. B. für Social Media sehr viel schneller macht. (Und mit Photo Mechanic wird man sehr viel schneller sein als mit Lightroom.) Manchmal lade ich mir auch Bilder auf mein Handy, beispielsweise während ich mit einer Bergbahn fahre, und schicke sie dann gleich meinem Kunden. Diese können dann sofort auf Social Media geteilt werden. Die Bergbahn ist auch mein bevorzugter Ort für den Kaloriennachschub...
Natürlich einer der aufregendsten Momente eines Sportevents und ein absolutes Must-have als Bild... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2018)
Gerade bei schlechtem Wetter erlebe ich das Publikum häufig als engagierter... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2017)
Storytelling am Event. (Engadin Bike Giro, 2018)
Ich gehe immer dorthin, wo ich weiss, dass es für die Sportler schwierig ist, nicht, weil ich jemanden blossstellen möchte, sondern weil ich eben zeigen will, wie toll sie alle diese Schwierigkeiten bewältigen. (Engadin Bike Giro, 2018)
Schönes Wetter am Eventtag... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2018)
Wow! Geschafft! Emotionales Finish... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2017)
Immer versuche ich, besondere lokale Elemente einzubeziehen, wie hier z. B. die Kühe... (Engadin Bike Giro, 2018)
Solche Schwierigkeiten nerven einem im Wettkampf vielleicht, danach machen sie einem aber umso stolzer... (Engadin Bike Giro, 2018)
Emotionen pur... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2018)
Siegerehrung mit dem Dala-Pferdchen im strömenden Regen... (ASVZ Sola Stafette, Zürich, 2017)
Wasser verspricht natürlich viel Spektakel... (Engadin Bike Giro, 2018)
Nichts passiert! (Engadin Bike Giro, 2018)
Nach dem Event
Nach dem Event ruft wieder das Büro...
- Bildimport und Backup
- Monitor kalibrieren
- editieren
- Ausrüstung kontrollieren
- Beobachtungen/Erfahrungen notieren
- für den Auftrag danken
- eine Rechnung schreiben
- sich auf die nächsten Aufträge freuen
Üblicherweise versuche ich, meine Bilder so schnell wie möglich auf den Computer zu laden, weil sie dadurch bereits an zwei Orten abgespeichert sind, was die Sicherheit natürlich erhöht. Sobald ich Zeit habe, mache ich Backups und lagere diese entweder an verschiedenen Orten oder lade die Fotos auch auf eine Cloud. Und ich bin wirklich überzeugt, dass das einer der wichtigsten Schritte des ganzen Ablaufs ist!
Für die finale Bildauswahl und Bearbeitung arbeite ich immer auf einem kalibrierbaren Monitor und kalibriere diesen vor der Arbeit auch neu. Jetzt startet der zeitintensive Prozess, die besten Bilder zu finden, aber hat man bereits eine "Best of"-Auswahl gemacht, hat man einen gewissen Startvorteil...
Zum Schluss werde ich meine Ausrüstung kontrollieren und reinigen, für den Auftrag danken, eine Rechnung schreiben und mich auf den nächsten Auftrag freuen.
Ich hoffe, dieser Artikel gibt ein bisschen Einsicht in die Arbeit eines Event Fotografen oder wird hilfreich sein, sobald es wieder mehr Events zu fotografieren gibt! Für mehr Eventbilder von mir, hier lang.